Die Nähe von Glück und Unglück  
   
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Die Nähe von Glück und Unglück

Ich bin Jahrgang 1971 und in (Ost-) Berlin aufgewachsen und zur Schule gegangen.
Nach der Schulzeit machte ich eine Lehre als Fernmeldebaumonteur und wurde zur Wende von der Telekom übernommen, wo ich bis 1995 arbeitete.

Da mein Dienst am Staate beginnen sollte und ich eh eine andere Richtung einschlagen wollte, warf ich den Job hin. Schon in der Schulzeit begann ich mit Leidenschaft als DJ zu arbeiten, was ich dann in der Lehre weiter ausbaute. Bis Mitte der 90er war ich Resident-DJ in drei Marzahner Klubs und habe sogar nach einem zweistufigen Casting eine Jugendsendung in einem kleinen Berliner Kabelfernsehsender moderiert. Dann kamen die Großdiskotheken und beendeten quasi meine Clubzeit. Seitdem arbeite ich als DJ ausschließlich bei Gesellschaftsveranstaltungen, wie Geburtstage, Hochzeiten, Konfirmationen usw. Also eine nicht zu verachtende Zusatzeinnahme.
Beruflich suchte ich eine Umschulung in Richtung Medientechnik/Multimedia, dem großen Hype Ende der 90er. Mein angestrebter Deal mit der NVA Ende der 80-er, bei einer Dreijahresverpflichtung ein Hochschulstudium für Studiotechnik absolvieren zu können, hatte sich ja mit der Wende erledigt.
Da ich keine Hochschulreife hatte, konnte ich meinen erneuten Wunsch zu studieren (diesmal Medientechnik in Berlin) wieder vergessen und musste mich mit einer wesentlich anspruchsloseren Umschulung von Arbeitslosen zufriedenstellen lassen. Was blieb, war mein Wunsch zu studieren. Keine Ahnung, warum ich nicht einfach das Abi nachgemacht habe. Zeit hatte ich ja. Aber heute denke ich: Es sollte nicht mein Weg sein. Immerhin erreichte ich ein anderes Ziel: Mein Einstieg in den Bereich Multimediaentwicklung und Medientechnik - für mich ein Traumjob. So durfte ich bei einer Kreuzberger Multimediaagentur an einem exterritorialen Projekt der EXPO2000 in Verden (Niedersachsen) mitarbeiten. Nahtlos kam der Wechsel nach Rostock, wo ich wieder dachte, meinen Traumjob im größten Bankgebäude von Mecklenburg-Vorpommern gefunden zu haben. Nach 1 3/4 Jahren war da Schluss. Man entließ den einzigen Medientechniker, und Medien- und Veranstaltungstechnik im Bruttowert von über 460000,- DM wurde "gegen die Wand gefahren".
Ich dachte: So einen coolen Job bekomme ich hier nicht noch einmal.
Zu meinem Erstaunen sollte ich mich irren. Es war sogar das Arbeitsamt, das mir einen Job vermittelte, der dem vorigen gleichzusetzen war. In einer großen Sportarena war es meine Aufgabe, die dort installierte Medien- und Videotechnik zu betreuen und Inhalte zu produzieren. In diesem Haus wurde immerhin unter anderem die erste Bundesliga im Frauenhandball, Oberligen im Ringen, Boxen und Judo und diverse Konzerte verschiedener Größen der Kulturszene veranstaltet (z. B. Wir sind Helden, Juli, Fettes Brot, Norddeutsche Philharmonie usw.) Angestellt war ich aber in einem Sportverein, dem diese Arena gehörte. Er betitelte sich selber, mit über 3000 Mitgliedern, der größte Breitensportverein Mecklenburg-Vorpommerns zu sein.

Doch es stimmt : Wer hoch steigt, kann tief fallen.
Fünf Monate nach meiner Einstellung trat der Vereinspräsident von all seinen Ämtern zurück. In seiner internen Übergangsansprache vor der Belegschaft, bei der er den neuen Geschäftsstellenleiter und ihm die Mitarbeiter vorstellte, legte er sich für mich mächtig ins Zeug. Als Resultat wurde ich nicht, wie der Großteil der Mitarbeiter, entlassen. Auch nicht, als der neue Chef drei Monate später die Insolvenz des Vereins beantragte. Aber genau die sollte zu meinem Verhängnis werden. Zwar hat man mich behalten. Aber nicht mehr mit meinen eigentlichen Aufgaben. Man stellte mich weitere drei Monate später vor die Wahl, entweder die Leitung der Sportarena zu übernehmen, oder zu gehen. Da ich mich in sozialer Abhängigkeit sah und auf den Job, der eh schlecht, aber immer noch besser als die meisten anderen Jobs in M-V bezahlt war, angewiesen war, nahm ich widerwillig an (ich fragte noch: "Was ist, wenn ich ablehne?" - "Nun, wir brauchen niemanden, der ab und zu mal einen Computer umher trägt, sondern jemanden, der die Verantwortung für die Arena übernimmt!"). Na klar, der Boss von so einem Objekt zu sein hat schon was. Etwas Gegenteiliges zu behaupten wäre eine Lüge. Doch wäre ich alles andere als unglücklich gewesen, wenn er jemand anderen diese Aufgabe übertragen hätte.
Diese hatte ich ca. ein halbes Jahr inne (bis Anfang 2006). Mir standen zwei fest angestellte Mitarbeiter (einer hatte seine Kündigung in der Tasche und der andere hatte ein Alkoholproblem) und sechs MAE-Kräfte (maximal demotivierte Ein-Euro-Jobber) zur Verfügung. In diesem halben Jahr bekam ich Tinitus. Dann übernahm endlich ein anderer diesen Posten. Jemand, der über 12 Jahre in der NVA gedient hatte und mit der Wende seinen Hut im militärischen Dienst nehmen musste. Ich hoffte anfangs, dass die Situation besser werden würde. Doch weit gefehlt. Das Verhältnis unter uns Mitarbeitern wurde ständig unterwandert. Das klassische Mobbing. Ich war immer noch Stellvertreter und versuchte in den ständigen Konflikten zu vermitteln. Dabei geriet ich immer mehr zwischen die Fronten, ohne es zu bemerken. Ich fühlte mich unwohl, wenn ich an die Arbeit dachte und wollte dort einfach auch nicht mehr hin. Als man anfing, uns dazu zu drängen, gegen Sicherheitsbestimmungen zu verstoßen und unsere Einwände zurückgewiesen wurden, mit der Begründung, dass wir uns ja in der Insolvenz befinden würden (das war Ende 2006), stand für mich fest, dass mir dieser Job auf Dauer nur schaden und man mich nicht entlassen wird. Aber was sollte ich tun? Ein weiteres Mal bekomme ich meinen Traumjob mit Sicherheit nicht noch mal in dieser Region. Als ich damals von Berlin nach Rostock zog, tat ich das, um mit meiner heutigen Frau zusammen zusammen zu ziehen, eine Familie zu gründen und hier mein Leben zu verbringen. Und da befand ich mich nun. Meine Frau ist Typ eins Diabetiker und hat einen recht sicheren Job. Da wir ein zweites Kind wollten und hier eine hervorragende Betreuung schwangerer diabetischer Frauen ist, wir unser Leben hier verbringen wollen und es uns hier sehr gefällt, kam ein "der-Arbeit-hinterher-ziehen" nicht in Frage. Ich war auch bereit, einen neuen Beruf zu erlernen. Aber es war absehbar, dass ich dabei vom Regen in die Traufe käme. Die Lösung brachte ein Telefonat mit einem meiner besten Freunde, der mir erzählte, wie er sein Diplom in Sonderpädagogik ohne Abi gemacht hat. Das war es. Mein in weite Ferne gerückter Wunsch zu studieren war plötzlich wieder vollständig präsent. Ich begann zu recherchieren. Das war Neujahr 2007. Nach drei bis vier Monaten stand mein Plan, denn ich erfüllte alle Voraussetzungen. Ich war außer mir vor Freude. Gleichzeitig war mir bewusst, worauf ich mich einlasse: Ein universitäres Ingenieurstudium in der Elektrotechnik. Ich verfügte über einen erlernten verwandten Beruf und habe mindestens vier Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Nun musste ich nur das dreistufige Prüfungssystem für die Sonderzugangsberechtigung nach KO-Prinzip bestehen. Da aber die Anmeldefristen für die Sonderzugangsprüfungen zum bevorstehenden Wintersemester (nur im WS konnte man dieses Studium beginnen) bereits abgelaufen waren, musste ich ein Jahr warten. Das war gut so. Nun hatte ich mehr Zeit, mich auf diese Prüfungen vorzubereiten. Die erste sollte eine vierstündige Fachklausur sein: Mathe und Physik, natürlich Abiturstand. Wenn ich die bestehe, würde ich zu der vierstündigen Deutschklausur zugelassen werden. Nach bestehen dieser Prüfung stünde die Zulassung zur letzten 20-30 minütigen mündlichen Fachprüfung. Es gab weder an der Uni noch im Internet auch nur Ansätze von dem, was man in solchen Prüfungen zu erwarten hätte.
Ich dachte aber nur, dass ich mit diesem einen Jahr, das ich nun noch warten müsste, mehr Zeit zum Lernen haben würde! Diese Rechnung habe ich leider ohne meine Chefs gemacht. Im Oktober 2007 eröffnete ich ihnen meine Pläne und bat, mich nicht mehr am Wochenende einzusetzen. Immerhin wollte ich in der Woche neben der Arbeitszeit lernen und am Wochenende dann mal Zeit für meine Familie haben. Man sicherte mir Hilfe zu. Das war aber auch alles. Schien es damals so, als ob es nicht anders ging, denke ich heute, dass niemand wirklich bereit war, mich beim Erreichen meines Ziels zu unterstützen. Ich arbeitete im Schichtdienst, schob Sonderschichten (z. B. heute Spätschicht bis 22:30 Uhr und morgen Frühschicht ab 6:30 Uhr) , am Wochenende Veranstaltungen und gleich wieder in der Woche die "normale" Schicht usw. Da half es auch nicht, dass ich mir zum Coaching einen gymnasialen Physiklehrer an die Seite holte.
Und schon war der Mai 2008 heran und ich ging in das Haus, dass ich als Student betreten wollte, um die erste Prüfung abzulegen. Ich bestand die erste - die zweite - die dritte. Es war nicht zu glauben. Das, was ich mir seit jeher wünschte, sollte nun endlich in Erfüllung gehen. Mit phantastischen Aussichten (bei Erfolg) auf einen festen, gut bezahlten Job. Sogar hier, in Rostock. Der Hammer!
Also kündigte ich zu Ende September 2008 meinen Job und betrat Anfang Oktober als einer der ältesten Studenten die heiligen Räume der Universität zu Rostock. So hart der Stoff in Mathe und Physik auch war - ich war glücklich.
All die Jahre war ich nie ein Freund des Sportes und der Bewegung. Schon in der Schulzeit und Lehre nicht. So wunderte ich mich nicht sonderlich über einen seltsamen Druckschmerz in meinem rechten Unterschenkel, wenn die Vorlesung zu Ende war, wir aufstanden und wir uns zu Fuß oder per Rad auf den Weg zum nächsten Hörsaal machten. Immerhin bin ich seit 1992 nur Auto gefahren und hab mich nicht signifikant bewegt. Nach 10-20 Metern war auch wieder alles in Ordnung. Dennoch nutzte ich recht schnell eine vorlesungsfreie Zeit für einen Arztbesuch. Dieser sah meine Wade und lieferte mich sofort mit Verdacht auf Venenentzündung in die Uni-Klinik ein. In der "Inneren" konnte man diesen Verdacht verwerfen. Dafür zeigte das Dopplerbild einen über faustgroßen Schatten, der sich um mein Wadenbein rankte. Da fiel das Wort zum ersten Mal: Tumor.
Was folgte, ging alles sehr schnell. Inzisionsbiopsie in der Uni-Klinik Mannheim. Mitte November dann das Ergebnis: Ein Synovialsarkom der Stufe G3! Wie bitte? Eine extrem bösartige Krebsgeschwulst in meinem Bein, die mir ans Leben will? Davon habe ich ja noch nie was gehört. Schnell musste ich erkennen, dass es der Medizin ähnlich ging. Die Hauptgruppe Sarkome unter den jährlichen Krebsdiagnosen in Deutschland hat eine Quote von 1 bis 3 %. Mein Fall wurde an das Sarkomzentrum Berlin-Brandenburg in Berlin Buch übergeben. Mein Hausarzt teilte mir mit, dass er mit dieser Art der Erkrankung überfordert sei und auch niemanden kenne, an den ich mich in Rostock und Umland wenden könne. Ich hing also in der "Luft". Eben noch Student mit den tollkühnsten Plänen für Beruf und Familie, und im nächsten Augenblick komplett "geerdet", ohne einen Funken Vorstellung von der unmittelbaren Zukunft, geschweige denn, dem bevorstehenden neuen Jahr. Und dann noch das: Im November erfahren meine Frau und ich von ihrer Ärztin, dass unser zweites Kind unterwegs ist. Das Chaos war perfekt. Es mussten Entscheidungen her. Ende Dezember 2008 reichte ich meine Exmatrikulation ein. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich mir am liebsten irgend eine Chemo verabreichen lassen, nur, um irgendwas zu tun. Doch Freunde berichteten uns von einer Ärztin, einer Schulmedizinerin mit erweitertem Schwerpunkt auf Homöopathie und begleitende Krebstherapie. Sie war nach Wochen die erste, die sagte: "Na klar, kann ich Sie behandeln, kein Problem. Und Sarkome sind mir bekannt. Ich habe einige Patienten mit derartigen Erkrankungen". Sie stellte komplett meine Ernährung um, begann mit mir die Misteltherapie und koordinierte die chirurgischen Maßnahmen. Erst einmal musste festgestellt werden, ob das, was ich im Bein hatte das einzige Tumorgewebe in meinem Körper war, oder ob es sogenannte Fernmetastasen (bei Sarkomen sind die wohl als erstes in der Lunge) gibt. Diese Frage konnte zu meiner Freude Ende November in Buch geklärt werden, bevor ich eine "isolierte, hypertherme Extremitätenperfusion" erhielt. Eine siebenstündige Operation, die nichts weiter ist, als eine lokale Extremchemotherapie. Die wird seit 1994 an nur sechs Kliniken in Deutschland durchgeführt. Angeblich mit einer Erfolgsrate von 80%! Die verwendeten Zellgifte haben eine 20-25fache Dosierung einer herkömmlichen ganzkörperlichen Chemotherapie und wären somit tödlich, würden sie in den Bereich lebenswichtiger Organe gelangen. Das Ziel war die wesentlich bessere Operiebarkeit des Tumors in einem noch geringeren Sicherheitsabstand zu erreichen. Erfreulicherweise blieben die erwarteten heftigen Nebenwirkungen der Perfusion weitgehend aus und  ich konnte schon nach 1 1/2 Wochen das Klinikum verlassen. Sechs Wochen später (Mitte Januar 2009) erfolgte dann die Resektion des Tumors. Vorher wurde ich wieder einem Ganzkörperscan im PET/CT unterzogen. Zum Glück wieder ohne Befund. Der Tumor konnte "im Ganzen, heil" entfernt werden. Das ist wohl sehr wichtig bei einer solchen Resektion. Das Bein konnte durch die Perfusion und Resektion gerettet werden. Nur stellten die Pathologen fest, dass der Tumor zwar nicht weiter gewachsen ist und um 50% seinen Glukosestoffwechsel eingestellt hat, aber noch 80% vitale Zellen besaß. Scheiße! Oder nicht? Was sollte ich denken?
Mit 1 1/2 Muskeln weniger in der Wade begann ich das Laufen neu zu lernen. Ach was, ich konnte ja noch nicht einmal stehen. Sechs Wochen nach der OP erfolgte eine siebenwöchige Intensivbestrahlung. In dieser Zeit fiel ich in mein bisher größtes psychisches Tief. Ich wollte, aber konnte nichts tun, als warten bis zur Nachsorgeuntersuchung. Damit gab ich mich nicht zufrieden und begann wieder im Internet zu recherchieren. Ende 2008 hatte ich das eingestellt, weil ich merkte, dass es meiner Psyche nur schadete. Aber diesmal war es anders. Was ich hatte, war mir ohnehin schon klar. Über einen Weg in meiner Familie bekam ich einen Termin bei einem Professor, einem Molekularonkologen, im Uni-Klinikum Hamburg Eppendorf. Der riet mir in meinem speziellen Fall zu einer präventiven Chemotherapie. Er machte mir aber auch klar, dass diese Chemo so ein Hammer ist, dass man sie nur maximal zwei mal dem Organismus zumuten könne. Langsam erkannte ich, dass ich eine weitere schwere Entscheidung treffen musste. Das riss mich noch weiter runter. Nach Rücksprache mit meinem behandelnden Arzt in Berlin-Buch entschied ich mich gegen diese Chemo, von der er mir auch abriet, diese zu verabreichen, solange es keinen direkten Grund dafür gäbe.
Mir empfahl ein Freund, er lebte damals zur Probe als Mönch in einem Kloster, Qi Gong zu machen. Darauf sprach ich meine Ärztin in Rostock an. Die meinte: "Ok, aber dann bitte medizinisches Qi Gong". Keine Ahnung, was sie damit meinte. Es musste ja was Bestimmtes sein. Ich sollte bei den Anbietern nachfragen. Die tieferen Antworten dazu fand ich wieder im Internet: Krebszellen mögen drei Dinge nicht: Eine sauerstoffreiche Umgebung, Hitze und Hunger (Glukosemangel). Ich führe die Ergebnisse meiner Recherchen jetzt hier nicht aus. Aber es lohnt sich, im Internet nach dem Begriff "Guolin Qigong" zu forschen. Innerhalb von sieben Wochen erlernte ich Guolin Qigong. Es half unheimlich meiner Psyche! Als tieferer Sinn seien hier nur zwei weitere Ziele genannt: Enorme Anhebung des Sauerstoffgehaltes im Blut (bis zum 20fachen des Normalgehaltes) und Erhöhung der Körperkerntemperatur (ähnlich der Hyperthermie). Also Schaffung eines für Krebszellen unbequemen Umfelds. Man könnte Guolin Qigong auch als eine dauerhafte intensive Sauerstofftherapie bezeichnen. Mit meiner Ernährungsumstellung will meine Ärztin dafür sorgen, dass mein Körper einen möglichst ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt hat. Denn Krebszellen würden ein saures Umfeld bevorzugen.
Inzwischen betrachte ich den Begriff der Bio-Krebstherapie nicht mehr nur als sehr interessante Möglichkeit mehr zu tun, als nur auf die nächste Nachsorge zu warten. Über das Guolin Qigong kam ich auf die traditionelle chinesische Medizin (TCM). Und damit meine ich nicht nur die Zusammenhänge von Yin und Yang. Ich bin ohne Religion aufgewachsen. Habe sie aber immer respektiert und für sehr wichtig erachtet, egal welche. Nach meinen Erlebnissen bin ich davon überzeugt, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als nur Mensch, Tier und Pflanze.

Im sommer 2009 wurde meine zweite Tochter geboren. Das war alles nicht zu fassen. Ich hielt das neue Leben in der Hand und dachte an mein mögliches Ende! Habe ich meine Ängste und Sorgen nur in den Hintergrund geschoben? Ich fühlte mich gut und übte mein Qi Gong.

Dann kam der Nachsorgetermin mit MRT am Bein und Thorax-CT Anfang Oktober 2009. Das Bein war ohne Befund, doch das Thorax-CT zeigte in beiden unteren Spitzen der Lungenflügel je einen "Rundherd": Metastasen! Man empfahl mir eine sofortige Dual- Chemotherapie mit Epirubicin und Iphosfamid. Ich fragte, mit welchen Nebenwirkungen ich unter dieser Therapie zu rechnen hätte: Mit allem, was mir so bekannt wäre. Haarausfall am gesamten Körper, Entzündungen, Übelkeit, Erbrechen, Auszehrung, Leukos unter 1000 und so weiter. Nach der Therapie wolle mann dann die Reste rausoperieren. Zwischenzeitlich (nach drei Chemogaben) per Bildgebung nachsehen, was die Therapie bringt.

Moment: Man testet also über mein gesamtes System ein Gift nach dem anderen, ohne zu wissen, ob das überhaupt greift? Und wenn nicht, dann wird halt das Nächste genommen? Mir kam der Begriff "lebendes Testobjekt für chemische Kriegsführung" in den Sinn. Und Ich wusste: DAS WOLLTE ICH NICHT! Diese Entscheidung teilte ich dann auch den Ärzten mit.

Ich wanndte mich nach einer Empfehlung einer anderen Sarkompatientin an das Fachkrankenhaus für Thoraxchirurgie in Coswig bei Dresden. Dort bot man mir an, die Befunde aus der Lunge zu entfernen. Das nahm ich dann auch wahr und ließ mir Anfang Dezember 2009 ca. vier bösartige und einen gutartigen Befund aus der linken Lunge entfernen. Einer war daumennagelgroß. Diesen ließ ich mit einem sogenannten EDR-Test auf Chemoresistenz testen. Neben Epirubizin waren da noch sechs weitere Zytostatika. Der Test ergab, dass das Tumorgewebe auf Epirubicin nahezu keine Resistenz zeigte, jedoch die weiteren Zytos mindestens eine mittlere Resistenz aufwiesen. Erst mal also keine Chemo!Da Tong

Dann kam die Nachsorge Anfang Februar 2010. Thorax-CT. Zwei neue Herde in der linken (operierten) Lungenhälfte. Alles in allem wurden auf beiden Seiten fünf Rundherde gefunden. Mit 1-2 mm zu klein zum Operieren. Ich sollte in drei Monaten wiederkommen. Keine Therapie bis dahin. Mein Qi Gong stellte ich auf eine neue Technik um, dem Da Tong Gong (siehe Bild). Eine Stehübung, drei bis vier mal am Tag je 60 Minuten so verharren. Die Augen sind dabei geschlossen und die Gedanken sind bei den "Fußsohlen". Fang Song bedeutet so viel wie "loslassen". Es ist wahnsinnig schwer, die Disziplin dafür zu wahren!

Ende April 2010 Thorax-CT: Die Zahl der Befunde hat sich nicht sonderlich geändert. Jedoch ist eine Metastase links hinten periphär von damals 5 mm(?) auf jetzt 27 mm gewachsen und rechts an nahezu derselben Stelle eine Metastase in der Pleura (ca. ein sechstel groß) . Man drängt nun zur Chemotherapie. So, wie damals schon in Buch, sagte man mir, dass nun nur noch palliativ und nicht mehr cuartiv behandelt werden könne.

Seit ca. zwei Wochen recherchiere ich nach alternativen systemischen Therapien zur "normalen" Chemotherapie. Da gibt es ja irre Sachen! Diese fielen mir auf: Aktive Fiebertherapie, Hyperthermie  (lokal und ganzkörper; sollen wohl Sarkome besonders gut drauf reagieren), Ernährungstherapie nach Budwig, Psychotherapie (z. B. nach Simonton) und Insulin potenzierte Therapie mit Low Dosis Chemotherapie (IPTLD). Ich schreibe hier jetzt nicht alles auf, was ich auch nur aus dem Netz habe. Nur so viel: Bei diesen Therapien habe ich ein gutes Gefühl... Ein Arzt hat mich sehr gut mit einer vierzigseitigen Dokumentation informiert. Ob ich mich in seine Behandlung begebe, kann ich jetzt noch nicht sagen, aber die Infos sind die beste Zusammenstellung alternativer Krebstherapien, wie ich sie nicht einmal in meinen nun einjährigen Recherchen gefunden habe: Dr-Huertgen(at)gmx.de . Die Empfehlung bekam ich persönlich von dem ganzheitlichen Krebsarzt und Autor ("Heilungschancen bei Krebs") Dr. med. Thomas Kroiss.

Stand 29. April 2010